Biologische Alternstheorien


Im Rahmen der biologischen Alternstheorien werden die Veränderungen der Organe und Gewebe, die für den Alterungsprozess verantwortlich gemacht werden, untersucht.
 
In den 1920er Jahren war der russische Pathophysiologe Alexander A. Bogomolez der Auffassung, dass der Mensch nur so alt sei wie seine Drüsen. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts führten einige Wissenschaftler das Altern auf die Rückbildung der Geschlechtsdrüsen zurück.
 
Frühere Thesen befassten sich somit ausschließlich mit den Leiden älterer Menschen. Seit den 60er und 70er Jahren werden auch die Veränderungen auf molekularer, Zell-, Gewebe-, Organ und Organismusebene untersucht.
 

  1. Die Mutationstheorie
    Jede Zelle besitzt einen Zellkern und jeder Zellkern besitzt Chromosomen. Die Chromosomen sind die wichtigsten Elemente des Zellkerns und bestehen hauptsächlich aus Eiweiß und den Kernsäuren Desoxyribonukleinsäure und Ribonukleinsäure. „Die DNS stellt eine aus Basen, Zucker und Phosphorsäure bestehende  Doppelhelix, welche die Erbinformation enthält.“ Bei der Mutationstheorie wird angenommen, dass diese genetischen Strukturen ihr ganzes Leben über Opfer von Schädigungsmechanismen sind. Als Folge davon kann es zu Mutationen kommen und somit auch zu einer veränderten DNS. Dadurch ist die Zelle weder in der Lage identische Tochterzellen nachzubilden, noch Proteine mit der korrekten Struktur herzustellen. Diese erheblichen Veränderungen führen letztlich zum Tod der Zelle und des Organismus.
     
    Aufgrund neuer Studien, die nachweisen, dass viele Zellen über Mechanismen verfügen, die DNA-Schäden selbstständig reparieren können, wird die Mutationstheorie eher kritisch betrachtet.
     
  2. Die Fehlerkatastrophentheorie
    Fehlerhafte Proteine können durch intakte Proteine ausgeglichen werden. Somit haben sie keine wesentlichen Auswirkungen auf die Funktion der Zelle. Im Alter kommt es jedoch zu einer immer höheren Zahl an fehlerhaften Proteinen und folglich zu einer Beeinträchtigung des Zellstoffwechsels. „Ist die Kompensationsfähigkeit der Zelle überschritten, kommt es zu einem Zusammenbruch der Proteinbiosynthese.“ Da Proteine sowohl an der Regulierung des Stoffwechsels durch Enzyme mitarbeiten, als auch mechanische Funktionen wie Gerüst- und Stützsubstanz erfüllen, kommt es zu einer Schädigung des gesamten Organismus.
     
    Da man bis heute keine eindeutigen Fehlerproteine definieren kann, hat diese Theorie eine geringe Bedeutung und ist mehr von historischem Interesse, da sie die Basis für Untersuchungen auf molekularer Ebene bildet.
     
  3. Die Hayflick’sche Theorie
    1962 konnte der amerikanische Wissenschaftler Leonard Hayflick beweisen, dass menschliche Fibroblasten, also Bindegewebszellen, eine begrenzte Lebensdauer haben. Durch diese revolutionäre Entdeckung konnte die weitläufige Meinung, dass Fibroblasten unbegrenzt teilungsfähig sind, widerlegt werden. (vgl. Benner [Online]) Menschliche Zellen teilen sich unter günstigen Bedingungen maximal etwa 55- bis 60-mal bis sie absterben. Im Alter verringert sich die Anzahl der Teilungsschritte auf etwa fünf bis zehn Durchgänge. Grund dafür ist der allmähliche Verlust bestimmter Basensequenzen der DNS mit jeder Verdoppelung. Unter der Basensequenz wird eine bestimmte Abfolge der vier verschiedenen DNS-Bausteine, also Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin, verstanden. Durch die verlorengegangenen Basensequenzen werden die funktionellen Enden der Chromosomen, die Telomere, zu dünn und so kommt es zu einer Einstellung des Wachstums der Zellen. „Eine Ausnahme bilden hierbei die meisten Tumorzellen, die mit Hilfe eines Enzyms neue Telomersequenzen synthetisieren können.“ (Rogler 2008, S. 6) Somit haben alle Zellen eine begrenzte Dauer und ein Verfall des Körpers ist aufgrund der begrenzten Teilungsfähigkeit unvermeidbar.
     
    Die Hayflick’sche Theorie gibt keine Begründung für das Altern insgesamt, sondern beschreibt nur einen einzelnen Prozess des Alterns.
     
  4. Metabolische Theorien
    Bei den metabolischen Theorien werden Störungen des Stoffwechsels (Metabolismus) und die daraus folgenden Funktionsstörungen des Organismus für den Alterungsprozess verantwortlich gemacht.  Der Zellstoffwechsel ist für einen ständigen Auf- und Abbau einzelner Körperzellen, sowie für die Funktionsfähigkeit des Organismus, verantwortlich. Treten dabei Störungen auf, so ist der Körper nicht mehr in der Lage die Körperzellen ausreichend aufzubauen und somit lässt auch die Funktionsfähigkeit nach. Dies wird als Auslöser des Alterns gesehen und führt schließlich zum Tod.
     

  1. Die Deprivationstheorie
    Der Begriff „Deprivation“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Beraubung.
    Durch die falsche Verteilung der wichtigsten Nährstoffe auf einzelne Körperzellen kommt es zu Gefäßverengungen. Dadurch ist es nicht mehr möglich einzelne Zellen und das Gewebe mit genügend Blut und folglich auch mit Sauerstoff sowie wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Dies führt zu einem Alterungsprozess im gesamten Organismus und schließlich zum Tod. (vgl. Rogler 2008, S. 6)
     
  2. Die Akkumulationstheorie
    Hier wird angenommen, dass der Alterungsprozess durch Ansammlung schädlicher Stoffe innerhalb der Zelle bedingt ist. Mit zunehmendem Alter wird eine Ablagerung von unlöslichen Schadstoffen in Zellen und Geweben festgestellt. Diese können am Ende ein Drittel des Zellvolumens einnehmen. Sie hemmen den Zellstoffwechsel und führen zum Tod der Zelle.
     
  3. Die Freie Radikale-Theorie
    Die Freie Radikale-Theorie hat ihren Ursprung in den 50er Jahren und ist inzwischen sehr anerkannt. In der Theorie geht man davon aus, dass der Alterungsprozess auf Schädigungen wichtiger Moleküle im Organismus zurückzuführen ist. Zu diesen Schädigungen kommt es aufgrund der, beim normalen Stoffwechsel entstehenden, sehr reaktiven Moleküle.
     
    Aufgrund des menschlichen Stoffwechsels durch Sauerstoffverbrennung entstehen freie Radikale. Unter freien Radikalen versteht man Atome bzw. Moleküle, die ein freies, ungepaartes Elektron tragen und deshalb benachbarten Molekülen ein Atom stehlen. Das bestohlene Molekül wird dabei geschädigt und versucht den Schaden auszugleichen indem es ein Elektron von einem dritten Molekül stiehlt. Dadurch kommt es zu einer Kettenreaktion von schädigenden Prozessen, welcher auch oxydativer Stress genannt wird.
     
    Antioxidantien haben die Aufgabe freie Radikale zu neutralisieren. Sie besitzen ein freies Elektron und können freie Radikale an sich binden und diese somit unschädlich machen. Daraus entsteht eine stabile chemische Verbindung, die normal abgebaut und ausgeschieden werden kann.
     
    Ist der Körper trotzdem nicht mehr in der Lage sich gegen die freien Radikale zu wehren, so greifen sie zuerst die Zellmembran an. Danach dringen sie bis zum Zellkern und zur DNA vor. Die vollständige Ausführung von Regenerations- und Reparaturprozessen ist nicht mehr möglich und die Funktion der Organe verschlechtert sich. Mit zunehmendem Alter sind die Zellen immer weniger im Stande die Schäden zu reparieren. (vgl. [3] [Online]) „Nach der Theorie der freien Radikale ist die Anhäufung solcher oxidativer Schäden in der Zelle verantwortlich für deren Verfall.“

2 Kommentare:

  1. Wow sehr interessant! Die Fehlerkatastrophentheorie hat mich besonders begeistert.
    :)

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  2. Auf welche Quellen beziehst du dich hier? Das sollte schon ersichtlich sein

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